Noch stehen sie am Rande der sattgrünen Weide. Dann aber kommen sie, die beiden neuen Patienten von Alexander Künneke. Da ist einmal die blonde, 21jährige Studentin der Agrarwissenschaften. Die guckt tief besorgt und kommt für ihr jugendliches Alter fast schon gebückt daher – so, als wenn Sie Zentnerlasten auf ihren Schultern tragen würde. In ihrer Rechten hält sie einen Strick.
Am anderen Ende der dicken Leine geht eine 15jährige, braune Stute. Das Pferd macht einen munteren Eindruck und vermittelt Tatendrang bei rundum prächtiger Erscheinung. Ein stolzes, kerngesund wirkendes Tier, denkt man. In Wirklichkeit aber ist sie die Kranke.
Wir sind in Ellingen, einem 80-Seelen-Flecken bei Soltau, etwa eine Stunde südlich von Hamburg. Der Himmel ist blau, die Luft lau, ein paar Wattewölkchen ziehen von West nach Ost. Tierarzt Künneke sagt: „Egal, ob die Sonne scheint: Wenn Tiere physisch leiden, geht es auch deren Besitzern miserabel, zumindest psychisch. Und da Pferd und Mensch fast immer ziemlich beste Freunde sind, hab’ ich stets zwei Patienten.“
Die Studentin erzählt, und der 38jährige Arzt hört zu:“ Also, alles begann vor zwei Tagen. Auf einmal hat meine Große eitrigen Ausfluss bekommen – und ich natürlich einen riesen Schreck. Danach ist die Flüssigkeit etwas klarer geworden. Jetzt schaut sie leicht rotbräunlich aus. Woran kann das liegen? Hoffentlich können Sie helfen. Hoffentlich. Ich vertraue Ihnen, meine Freundin hat Sie so gelobt!“
„Schau’n wir mal.“ Künneke geht zu seinem Wagen und greift sich sein mobiles Ultraschallgerät. Während der Untersuchung verhält sich das Pferd ruhig – obwohl Künneke mit seiner Sonde armtief ins Inneres des Tieres eindringt.
Das Gesicht des Arztes bleibt dabei regungslos. Nach seiner Inspektion schaut er der Studentin fragend in die Augen: „Weidete ihre Stute zusammen mit einem Wallach?“ Die Studentin nickt. Und Künneke meint: „Mann bleibt manchmal eben Mann – falls er zu spät kastriert wird. Höchst wahrscheinlich wurde die Gebärmutter Ihres Pferdes bei einem Natursprung verletzt und hat sich danach entzündet.“ Schließlich jedoch gibt Künneke Entwarnung: „Ein Breitband-Antibiotikum, und die Sache ist in zwei, drei Tagen erledigt.“ Das Rückgrat der Studentin richtet sich auf, ihre Augen strahlen: „Danke.“
Alexander Künneke ist in Lüneburg geboren und in hier in Soltau aufgewachsen. Auf dem Rücken eines Pferdes saß er erstmals mit sechs Monaten. Sein Vater, Offizier bei der Bundeswehr und hoch angesehener Reitlehrer, hat ihn dort hinaufgehoben. Seither ist Künneke vernarrt in Pferde.
Nach dem Abi lässt er sich zum Bereiter und zum Pferdewirt ausbilden. Danach arbeitet er in der Landesreitschule Hoya (Kreis Nienburg) bei Hans-Heinrich Meyer zu Strohen, dem amtierenden Bundestrainer für Junge Reiter (Dressur).
Es folgen ein Studium an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover und fünfeinhalb Jahre Praxis als Assistenzarzt in der Pferdeklinik „Barkhof“ in Sottrum, südlich von Bremen. Dort spezialisiert er sich auf die Orthopädie. Danach steigt er in der Tierklinik Kaufungen (bei Kassel) zum Oberarzt auf und überzeugt mit seiner chirurgisch perfekten Arthroskopie an Pferden. Seit zwei Monaten nun hat er sich in Bispingen nahe seiner früheren Heimat niedergelassen und selbstständig gemacht.
Es ist jetzt gegen 13 Uhr. Nach dem Besuch bei der Studentin, biegt Künneke mit seinem für 150.000 Euro bestens ausgerüsteten Kleintransporter (Alu-Schränke, Ultraschall, Röntgengerät…) in sein viereinhalb Hektar großes Anwesen ein.
Darauf stehen: ein 50 mal 12 Meter großer Stall, eine 40 mal 20 Meter große Reithalle und ein 300 Quadratmeter umfassendes, ehemaliges Strohlager. Der Stall wird momentan für seine Pferde und für spätere Rekonvaleszenz-Patienten rundum erneuert, die Reithalle soll dem Vater für seine Dressur- und Springreiter-Ausbildungen dienen. Und aus dem Strohlager entstehen bis Ende des Jahres zwei Praxen – sagt jedenfalls der Architekt. Eine (mit OP) für ihn. Die andere für seine Frau Ariane, die als Kleintierärztin arbeitet.
Richtig! Künneke investiert eine Menge in die Zukunft – begleitet wird er dabei von dem Münchener Gründungscoach Joachim Fischer: „Dieser Tierarzt verfügt fachlich über große Kompetenz und – nebenbei noch– über unglaublich viel Herz. Der wird seinen Weg machen.“
Dass sich Fischers Prognose als wahr erweisen wird, spürt man heute schon: 150 neue Kunden und Patienten in nur zwei Monaten deuten weder auf Halbwissen noch auf Kontakthemmung hin.
Künneke kontrolliert jetzt kurz, ob auf seiner Baustelle alles gut läuft, steigt dann wieder in seine rollende Praxis und tippt in den Navi: „Hamburg, Groten Flerren 24.“
Im Rissener Reitstall „Birkenhof“ warten insgesamt sechs Pferdehalter auf ihn. Allesamt Menschen mit Kummer. Künneke soll dort fünf Pferde mit „Lahmheiten“ und ein Pony mit Zahnproblemen untersuchen. „Als Tierarzt“, sagt er während der Fahrt, „musst du alle Krankheiten behandeln können. Du bist Orthopäde und fungierst gleichzeitig noch als Chirurg und Internist, du musst in der Gynäkologie wie in der Zahn- oder Augenheilkunde fit sein. Also praktisch überall.“
Als erste Kundin (besser: Patientin) begrüßt ihn eine Geowissenschaftlerin, deren 16-jähriger Wallach seit Jahren Probleme mit seinen Beinen hat („da wachsen immer wieder dicke Klumpen, schrecklich“). Die Bodenkundlerin war mit ihrem früheren Voltigier-Pferd schon bei „Pontius und Pilatus“, so richtig helfen konnten beide nicht. Künneke riet ihr nun vor zwei Wochen unter anderem zu „noch nicht gewaschenen Schafwollwickeln“ mit viel natürlichem Lanolin. Und siehe da: Aus dem kränkelnden Wesen gedieh ein gesundes Ross. Und aus einer ängstlichen wurde eine sorgenfreie Frau: „Ich bin glücklich, und ich bin begeistert von ihm.“
Es folgen drei weitere Pferde, die vor Tagen noch schlimm lahmten – nach Verletzungen an Hüft-, Fessel- und Krongelenken. Künneke lässt sie vor seinen Augen traben und sieht bei allen „deutliche Verbesserungen“. Deren Besitzer wussten das zwar schon selbst, fühlen sich aber nach der Diagnose – wie die Studentin der Agrarwissenschaft – um Zentner leichter.
Die letzten beiden Patienten: eine ehemalige Studienrätin (Deutsch, Musik). Und das bereits schon erwähnte, sieben Jahre alte Pony, das sich vor zwei Wochen einen Zahn ausgebissen hat. Künneke hatte damals zu einer Wurzel-Extraktion in Hannover geraten („die sind darauf spezialisiert und machen das derzeit am besten“).
„Dem Pony geht es prima“, konstatiert Künneke nach der Untersuchung. Und vom rechten Auge der Studienrätin tropft eine kleine Freudenträne hinab auf ihre Wange. „Ach wissen Sie“, sagt sie dann, „Sie sind einfach ein Schatz ¬– mit ganz viel Herz und großem Wissen. Ganz anders als viele ihrer Kollegen. Auf jeden Fall nicht so kalt, wenn man mit seinen Tieren leidet, rumsitzt und nur noch laut heulen könnte.“
MICHAEL DIETRICH www.gutegeschichte.de
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Telefax: (+49) 05194 418 90 54
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E-Mail: info@tierarztpraxis-brunautal.de
Wie gründe ich eine Tierarztpraxis für Pferde?
Coaching hilft Gründerinnen und Gründern bei der Praxisgründung
Viele junge Tiermediziner wollen sich selbstständig machen, doch dazu braucht es mehr als guter Fachkenntnisse. Gute Examina reichen heute nicht mehr aus, um eine Praxis wirtschaftlich effizient und nachhaltig zu betreiben.
Herr Alexander Künneke hat sich vom erfahrenen Gründungsspezialisten für Tierärzte Joachim Fischer coachen lassen. Der Tierarzt wurde durch das Land Niedersachsen bereits der Vorphase der Praxisgründung durch einen Beratungskostenzuschuss unterstützt.
Der Gründungszuschuss für die Praxisgründung wurde zusammen mit dem Coach beantragt. Die zuständige Arbeitsagentur hat diesen Zuschuss für die ersten sechs Monate und weitere neun Monate bewilligt!
Bei den gesamten Bankverhandlungen für die Praxisgründung wurde der Tierarzt durch seinen Coach unterstützt und beraten. Nach erfolgter Praxisgründung hat der Tierarzt ein weiteres Coaching für Praxismarketing erhalten, das zu 90% vom Staat bezuschusst wurde.